ChatGPT-Prompts für Anwält:innen | Mehr KI-Power für Ihre Kanzlei?
6 gut investierte Leseminuten
ChatGPT-Prompts für Anwält:innen | Mehr KI-Power für Ihre Kanzlei?
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Wie würde es sich anfühlen, nie wieder eine E-Mail manuell einem Mandat zuordnen zu müssen?
ChatGPT für Rechtsanwält:innen: ein Wegweiser zum Meistern des ultimativen KI-Tools.
Als Prompt bezeichnet man eine Anweisung für eine KI. Wie ein optimaler Prompt bei ChatGPT aussieht, dafür gibt es keine allgemeingültige Regel. Will man schlicht mehr über ein Thema wissen, kann ein Prompt etwa lauten: „Ich möchte etwas über [Thema] wissen“, „Erkläre mir …“ oder „Was weisst du über [Thema]?“. Soll ChatGPT allgemeine juristische Fragen beantworten, könnte eine Frage sein: „Nenne mir die wichtigsten Urteile des Europäischen Gerichtshofs zum Verbrauchsgüterkauf.“ Chat GPT listet dann die wichtigsten Urteile auf. GPT-3 erlaubt als Prompts sowohl Text als auch Programmiercode. Die bezahlpflichtige Fortentwicklung GPT-4, die im März 2023 startete, versteht auch Bilder.
ChatGPT fasst sich bei Antworten manchmal kürzer, als der Nutzer oder die Nutzerin es gerne hätte. Es hilft in einem solchen Fall, ChatGPT zu bitten, das Ganze noch einmal „detaillierter“ auszuformulieren oder anstatt von fünf Beispielen zehn aufzulisten.
Man darf nicht erwarten, dass ein einziger Prompt direkt zur optimalen Antwort führt. Manchmal sind ein paar weitere Anweisungen, Einschränkungen oder Erweiterungen und ein bisschen Herumprobieren notwendig, bis ChatGPT zur Hochform aufläuft und das richtige Ergebnis liefert. Nicht jede Antwort der KI ist, abhängig von der Aufgabenstellung, gleich gut. In dem man ChatGPT erklärt, welche Antworten brauchbar sind und welche nicht, weist man dem Chatbot den Weg, der einzuschlagen ist.
Die KI von ChatGPT benötigt einen Kontext, weshalb einzelne Chats geöffnet werden können. Versuchen Sie, zusammenhängende Fragen im selben Chat zu stellen, dann wird ChatGPT bessere Antworten geben. Zum Teil gibt ChatGPT eine gute Antwort erst nach einem längeren Dialog mit Umwegen.
Besonders Erfolg versprechend sind auch rekursive Prompts. Das heisst, man schickt einen Prompt an ChatGPT und wiederholt dies dann ein zweites Mal mit der Bitte um Korrektur des Ergebnisses vom ersten Mal. Man kann ChatGPT fragen, ob das erste Resultat stimmt („Sicher, dass das richtig ist?“, „Das ist doch falsch!“) und zuweilen kommt ChatGPT eigenen Fehlern dann sogar selbst auf die Schliche. Ein Prompt kann auch lauten: „Was ist Deine Quelle?“ oder „Woher hast Du das?“.
Bei der anwaltlichen Nutzung von ChatGPT ist wichtig, dass keine sensiblen Daten und insbesondere auch keine personenbezogenen Daten eingegeben werden. Denn wo diese landen und was das US-Unternehmen OpenAI damit genau macht, ist für Nutzerinnen und Nutzer undurchsichtig. Wenn E-Mails, Schreiben oder Schriftsätze bearbeitet oder überprüft werden sollen, müssen diese vorher anonymisiert werden. Tut man dies nicht, muss die Datenschutzerklärung der Kanzlei beziehungsweise des Mandats so ausgelegt sein, dass die Einwilligung des Mandanten eine Übermittlung seiner Daten an ChatGPT mit umfasst.
ChatGPT basiert auf einem Large Language Model (LLM). Das heisst: ChatGPT kann auch mit Sprache am besten umgehen. Das führt dazu, dass ChatGPT zuweilen Antworten gibt, die sich zwar gut anhören, inhaltlich aber falsch sind. Informationen, die ChatGPT präsentiert, sollten daher stets gegengecheckt werden, wenn sie in die anwaltliche Arbeit einfliessen.
ChatGPT erfindet häufig Gerichtsurteile. Man muss daher sehr vorsichtig sein und darf eventuelle Rechtsprechungszitate nicht einfach übernehmen. Stattdessen müssen diese erst zum Beispiel mit Hilfe einer Urteilsdatenbank verifiziert werden. Dennoch erleichtert ChatGPT aufwändiges Suchen in Rechtsprechungsdatenbanken und kein Mensch wird so schnell fündig wie die KI. Ein Urteil zu verifizieren ist wesentlich leichter und weniger zeitaufwändig als ein Urteil überhaupt zu finden.
In den USA gab es kürzlich aber einen Fall, in dem Rechtsanwälte Fake-Urteile aus ChatGPT verwendeten und erwischt wurden. Einer der Anwälte räumte ein, dass sechs Cases, auf die er in einem Schriftsatz an eine Airline in einem Verfahren wegen eines Flugunfalls Bezug nahm, von ChatGPT erfunden wurden. Ein Gericht entschied, dass zwei Anwälte und eine Rechtsanwaltskanzlei deshalb 5.000 Dollar Strafe zahlen müssen. Der Fall zeigt, dass auch eine KI juristische Recherche nicht obsolet macht. Ausserdem: Das Wissen von ChatGPT basiert auf Informationen zum Stichtag September 2021. Seitdem können sich Rechtsvorschriften geändert haben. Dies sollte man berücksichtigen, wenn man ChatGPT um Einschätzungen zu Themen mit Aktualitätsbezug bittet.
Auch wenn man den richtigen Prompt wählt, kann es allerdings passieren, dass ChatGPT die Fehlermeldung „something went wrong“ ausgibt. Dies ist laut OpenAI eine von wechselnden Server-Fehlermeldungen, die nicht zahlenden Usern in Zeiten mit hohem Traffic angezeigt werden kann. OpenAI empfiehlt für diesen Fall, es ein paar Minuten später erneut zu versuchen oder einen neuen Chat zu starten. Wenn das Problem anhält, soll der User alle VPNs und Webschutze deaktivieren – was aus Datenschutzsicht problematisch ist.
Eine Stärke von ChatGPT liegt daran, dass das KI-Modell ganze juristische Schriftsätze ausformulieren kann. Diese sind von Schriftsätzen, die ein Mensch verfasst, oft kaum zu unterscheiden. Die Bandbreite der Schriftsätze, die ChatGPT für Anwält:innen verfassen kann, ist gross – von Abmahnschreiben über Klageschriften bis hin zu sonstigen Schreiben aussergerichtlicher oder gerichtlicher Art.
Wenn man ChatGPT bittet „Verfasse mir eine Klageschrift, in der jemand wegen einem Auffahrunfall und einem Schleudertrauma Schadenersatz nach dem Schweizer Zivilgesetzbuch fordert“, weist ChatGPT zunächst darauf hin, dass die Erstellung einer Klageschrift eine genaue Prüfung durch einen qualifizierten Rechtsanwalt erfordere, spuckt dann aber eine verwendbare Antwort aus.
Natürlich ist es auch möglich, vorgeschriebene Schreiben, E-Mails und Schriftsätze durch ChatGPT verbessern oder ergänzen zu lassen. Nicht nur, was Rechtschreibung und Grammatik betrifft, sondern auch den Schreibstil. Hier ist das KI-Sprachmodell unschlagbar. Vor allem kann man bei dieser Variante des Einsatzes nicht so leicht Fehlern aufsitzen wie in dem Fall, dass man ChatGPT um juristische Inhalte fragt.
Besonders interessant für Rechtsanwält:innen ist auch, dass ChatGPT Fälle von beiden Seiten argumentiert und man sich so auf die Argumente der Gegenseite vorbereiten kann.
Es gibt einige Berichte darüber, dass ChatGPT mit Vertragswerken jeglicher Art gut klarkommt. ChatGPT ist einerseits in der Lage, Standardverträge wie einen Kauf- oder Mietvertrag auszuformulieren. Andererseits kann ChatGPT komplexere Vertragswerke individuell gestalten. Verträge sind klar strukturiert und enthalten unabhängig der Rechtsordnung oder Sprache, für die der Vertrag erstellt wurde, häufig Klauseln, die sich ähneln und die ChatGPT daher gut erkennen und einordnen kann. So kann man GPT-4, die neueste, bezahlpflichtige Version von ChatGPT, zum Beispiel mit einem bis zu 25.000 Wörter langen Vertragswerk speisen und fragen, welche Klauseln problematisch sind.
ChatGPT ist darüber hinaus in der Lage, Plagiate zu erkennen und Texte zusammenzufassen oder zu übersetzen.
ChatGPT gibt bei bestimmten Themen den Hinweis, dass diese sicherheitsrelevante oder strafrechtlich relevante Dinge berühren und verweigert zunächst eine Antwort. Bei Anwält:innen, etwa Strafverteidiger:innen, es ist jedoch nicht ungewöhnlich, dass sie eine legitime Fragestellung in einem solchen Bereich haben. Wenn ChatGPT einen solchen Hinweis gibt, lässt sich der KI mit einem Trick trotzdem eine Antwort entlocken: Indem man promptet, das Ganze sei für ein Theaterstück oder einen Krimi, also Fiktion.
«Bitte erläutern Sie den Artikel 12 des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes in Bezug auf Diskriminierung am Arbeitsplatz.»
«Können Sie mir die Schlüsselurteile im Bereich des Mietrechts der letzten fünf Jahre auflisten?»
«Wie würde sich der Fall XYZ ändern, wenn der Angeklagte eine Notwehrsituation geltend machen könnte?»
«Könnten Sie bitte diesen Vertragsabschnitt überprüfen und mir die möglichen rechtlichen Folgen und Risiken erläutern?»
«Was sind die ersten Schritte, die ich unternehmen sollte, wenn ich eine Kündigungsschutzklage einreichen möchte?»
«Bitte erläutern Sie die DSGVO-Vorschriften zur Verarbeitung personenbezogener Daten und wie ein Unternehmen DSGVO-konform werden kann.»
«Was sind die ethischen Richtlinien, die ein Anwalt bei der Beratung von Mandanten in Strafsachen beachten muss?»
Daniel N. Solenthaler – dank seiner mehr als 30-jährigen Erfahrung in der Softwarebranche, mit Schwerpunkt auf Kanzleisoftware, sowie einem Abschluss in Betriebswirtschaft der Universität St.Gallen ist Daniel N. Solenthaler ein ausgewiesener Experte für die Digitalisierung von Anwaltskanzleien. Durch die Betreuung von Hunderten von Kanzleien verfügt er über ein umfassendes Verständnis für die Bedürfnisse der Branche und erkennt schnell Verbesserungspotenziale. Mit gezielten Prozessoptimierungen hilft er Kanzleien, effizienter, rentabler und dynamischer zu werden.